Hydrodynamische Spurverfolgung

Seehunde sind in der Lage, nur mithilfe ihrer Barthaare hydrodynamische Spuren von sich durch das Wasser bewegenden Objekten zu detektieren und zu verfolgen (Dehnhardt, Mauck & Bleckmann 1998; Dehnhardt et al. 2001).

Im Video sieht man, wie Seehund Sam präzise die hydrodynamische Spur eines ferngesteuerten U-Boots verfolgt. Während des Legens der Spur ist Sam vollständig maskiert, er befindet sich mit den Barthaaren außerhalb des Wassers, sodass er nichts spüren kann, er trägt Kopfhörer, sodass er nichts hören kann, und er trägt eine Maske über den Augen, sodass er nichts sehen kann. Kommt das Boot zur Ruhe, gibt es also auch keine hörbaren Hinweise über seine Position mehr, darf der Seehund die Spur suchen und verfolgen, wobei er nach wie vor die Maske trägt, um ein Auffinden des Bootes mit den Augen zu verhindern. Diese erstaunliche Fähigkeit könnten Seehunde nutzen, um die hydrodynamischen Spuren ihrer Beutetiere, den Fischen, aufzuspüren und zu verfolgen, um dann schlussendlich den Fisch zu fangen.

Hydrodynamik mit einzelnen Wirbelringen

Seehunde haben in zahlreichen Experimenten gezeigt, dass sie vielfältige Informationen aus einer komplexen hydrodynamischen Spur ziehen können. Innerhalb dieser Spuren sind Wirbel anzutreffen, die die wesentlichen Informationen zu tragen scheinen. Es stellte sich nun die Frage, ob Seehunde auch in der Lage sind, einzelne Wirbel zu detektieren. Im Experiment werden diese mithilfe eines Wirbelgenerators erzeugt, und es können gezielt einzelne Parameter der Wirbel variiert werden. Diese Untersuchung hilft die Funktionsweise der Barthaare im Detail zu verstehen.

Das Video zeigt Seehund Filou, wie er mit einer Maske über den Augen, um eine visuelle Lösung der Aufgabe zu verhindern, seine Station unter Wasser einnimmt. Ein Wirbel wird auf einer Seite ausgelöst (Zu Demonstrationszwecken wurde das Wasser in einem Wirbelgenerator grün angefärbt.) Der Wirbel wandert zum Seehund, der diesen mithilfe der Barthaare spürt und der Experimentatorin mitteilt, von welcher Seite der Wirbel gekommen war.

Hydodynamische Räuber-Beute-Interaktion

Flundern stellen einen wichtigen Bestandteil der Nahrung von Seehunden dar. Trotz ihres kryptischen Aussehens und trotz Eingrabens in das Sediment können also Seehunde Flunder detektieren. Grundlage hierfür könnten die Atemwasserströme der Flunder sein. In diesem Experiment gilt es nun, zu testen, ob Seehunde nur mithilfe ihrer Barthaare feine zuerst künstlich erzeugte Wasserbewegungen vergleichbar den Atemwasserströmen der Flundern, später dann eine echte Flunder auf einer 4 x 4 m großen Fläche auffinden können.

Richtungsablesen aus einer hydrodynamischen Spur

Seehunde sind über ihre Fähigkeit, hydrodynamische Spuren zu detektieren und zu verfolgen, hinaus in der Lage, aus einer hydrodynamischen Spur die Richtung abzulesen, in die z. B. ein Beutefisch geschwommen ist. Diese Erkenntnis wurde in einem Verhaltensexperiment gewonnen, in dem der Seehund die Richtung eines durchs Wasser gezogenen Paddels anzeigte (Wieskotten et al. 2011).

Im Video sieht man die Aufsicht auf ein Wasserbecken. In das Wasser des Beckens wurden Schwebepartikel hinzugefügt, welche durch einen Laser in einer Ebene angestrahlt werden. Daraufhin wird ein kleines Paddel von rechts nach links durch das Becken gezogen; man sieht deutlich die dadurch hervorgerufenen Verwirbelungen. Wenig später stößt Seehund Henry mit einer Maske über den Augen auf die Spur und kann blitzschnell die Bewegungsrichtung des Paddels nur mithilfe seiner Barthaare bestimmen. Computergestützt können diese Bilder im Detail analysiert werden.